Zur Turniersaison:Haftung am Abreiteplatz

erschienen am 04.05.2006

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Aktuell zur Turniersaison: Haftungsfalle Abreiteplatz Der Unfall ereignete sich auf dem Abreiteplatz eines Reitturniers. Jeder Reiter konnte für seine Probesprünge die Höhe und Weite der beiden Trainingshindernisse nach Belieben verstellen lassen. Dies geschah durch freiwillige Helfer, darunter auch die Klägerin. Kurz vor Beginn des Wettbewerbs veränderte sie ein letztes Mal den Oxer nach Anweisung des Beklagten, dessen Pferd bereits mehrfach den Probesprung verweigert hatte und ausgebrochen war. Sodann wollte sie den Übungsplatz in Richtung Turnierplatz verlassen. Dazu kam es aber nicht mehr. Das Pferd des Beklagten brach kurz vor dem Absprung nach links aus und galoppierte am Hindernis vorbei. Hierbei erfasste es die Klägerin und schleuderte sie zu Boden. Die Frau, die dem Pferd den Rücken zuwandte und deshalb auf den Sprungversuch nicht gefasst war, wurde lebensgefährlich verletzt lag 8 Wochen im Krankenhaus und war monatelang arbeitsunfähig. Die Klägerin gab dem Beklagten die Schuld an ihrer Verletzung. Sie verklagte ihn deshalb auf Schmerzensgeld sowie auf Ersatz ihres gegenwärtigen und künftigen Schadens. Der Beklagte stellte sich dagegen auf den Standpunkt, er habe den Unfall weder voraussehen noch verhindern können. Vielmehr habe sich die Klägerin ihr Missgeschick selber zuzuschreiben, da sie die gefährliche Situation selbst heraufbeschworen und sich trotz seiner Warnrufe nicht in Sicherheit gebracht habe. Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht Nürnberg nicht. Die Hauptschuld am Unfall, so die Richter, trage eindeutig der Beklagte. Ein eventuelles Mitverschulden der Verletzten falle neben dem leichtfertigen Verhalten des Reiters nicht ins Gewicht. Zur Begründung heißt es in den schriftlichen Urteilsgründen (Auszug): "Unter den gegebenen Umständen hätte der Reiter damit rechnen müssen, dass sein Pferd seitlich ausbricht und einen der neben dem Hindernis befindlichen Helfer erfasst. Er hätte deshalb nicht zum Sprung anreiten dürfen, ohne sich vorher zu vergewissern, dass die gefährdeten Personen sich entweder in Sicherheit gebracht hatten oder ihre Gefährdung bewusst in Kauf nahmen. Denn jedenfalls in der konkreten Situation, vor allem aufgrund des vorangegangenen Verhaltens seines Pferdes, hätte der Beklagte keinesfalls mit voller Geschwindigkeit auf das Hindernis zureiten und die Umherstehenden in Gefahr bringen dürfen. Auf einem Abreiteplatz, auf dem sich - wie hier - zehn oder gar zwanzig Reiter mit ihren Pferden sowie eine Anzahl von Helfern tummeln, fällt es einem Reiter ohnehin schwerer als sonst, sein Pferd zu beherrschen. Gerade deshalb weil es auf einem betriebsamen Abreiteplatz so hektisch zugeht, muss aber der Reiter auf einem solchen Übungsgelände besondere Vorsicht walten lassen.“ Gesteigerte Sorgfaltspflichten bestehen überdies dann, wenn der Reiter einen konkreten Anlass hat, an der Sprungwilligkeit oder Sprungfähigkeit seines Pferdes zu zweifeln. So lag der Fall hier. Die Erfahrung mit den beiden Sprungverweigerungen hätte den Beklagten zu noch größerer Vorsicht mahnen müssen. Unter diesen Umständen handelte der Beklagte in hohem Maße fahrlässig. Leichtfertig war dieses Verhalten vor allem im Hinblick auf die ganz erhebliche Gefahr, die von einem unkontrolliert ausbrechenden Pferd ausgehen kann. Immerhin legt ein Pferd im Arbeits-galopp etwa 6m in der Sekunde zurück. Das entspricht einer Geschwindigkeit von ca. 22 km/h. Eine Kollision mit einem Körper von der Masse eines Pferdes und einer Geschwindigkeit um die 20 km/h bedeutet für einen Fußgänger eine tödliche Gefahr. Das Oberlandesgericht gab deshalb der Klage dem Grunde nach statt und verurteilte den Beklagten zu einem Schadensersatz in sechsstelliger Höhe. Ein Service für Ströh von Madsen, Nolte & Kollegen

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